"Von Jane Mansfield, Mutter Teresa und Konzertplänen"
WR Lünen, 28.03.2001 von Diethelm Textoris
Lünen. Bevor er im ausverkauften Hilpert-Theater gefeiert wurde, nahm sich Freddy Quinn Zeit für ein Interview. Für unsere Zeitung sprach Diethelm Textoris mit ihm.
In Lünen erwartet Sie ein ausverkauftes Haus. Ist die Große Freiheit Nr. 7 in allen Städten so erfolgreich?
Mit dem Musical bin ich seit 1995 unterwegs. Doch die Staffel des Jahre 2001 ist am erfolgreichsten. Insgesamt liegt die Auslastung bei über 80 Prozent. Darauf bin ich sehr stolz, denn ich fühle mich verantwortlich gegenüber Konzertveranstalter, Theaterdirektoren und meinem Ensemble mit über 50 Mitwirkenden.
Bei dem Wort Musical denkt man oft an die großen amerikanischen Vorbilder, an erfolgreiche Stücke wie Cats oder Phantom der Oper. Welche Rolle spielt daneben ein deutsches Musical wie Große Freiheit Nr. 7?
Mit den amerikanischen Musicals mit irem Millionen-Sponsoring können wir uns natürlich nicht messen. In Amerika investieren die sogenannten Angels immense Summen in eine Musical-Idee und haben nach kurzer Zeit entweder viel Geld gewonnen oder verloren. Aber Ort und Handlung sind übertragbar. Statt des Hypodroms der Reeperbahn kann man ein Casino in Las Vegas nehmen, und die Geschichte von einem älteren Mann, der in ein junges Mädchen verliebt ist, das er dann doch nicht kriegt, kann auch am Broadway spielen. Als das Muscal "Heimweh nach St. Pauli" mit mir in der Hauptrolle verfilmt werden sollte, wollte der Produzent Barbara Valentin verpflichten, ich wollte Jane Mansfield, seinerzeit Hollywoods Sex Bombe Nr. 1. Von eine Kneipe in Hamburg rief ich sie an, sagte: "Hier ist Freddy Quinn" und sie sagte "Hi Anthony." Ich konnte sie in Hollywood überzeugen, wie arm der deutsche Film sei und für 25.000 Dolar engagieren, obwohl die ursprüngliche Forderung das Zehnfache betrug. Ihre Gage bezahlte ich selbst, dafür wurde ich mit 10 Prozent an den Auslandseinspielungen beteiligt. Aber nur, weil ich den Produzenten glauben ließ, sie habe 100.000 DM gekostet. Was hätte wohl ein Film mit Barbara Valentin an Auslandseinspielungen gebracht?
Bei dieser Tournee absolvieren Sie etwa 40 Vorstellungen hintereinander, jeden Tag in einer anderen Stadt. Wie schaffen Sie das körperlich?
Aber ich bin doch noch jung. Doch, Scherz beiseite: Das geht nur mit eiserner Disziplin und einem festen Rhythmus. Nach der Vorstellung fahre ich noch zum nächsten Spielort, heute z.B. noch nach Lübeck. Nachts sind die Autobahnen freui und ich kann mich entspannen. "Late check-in" im Hotel zwischen zwei und vier Uhr, dann packe ich als ordnungsliebender Mensch noch meinen Koffer aus, dannachschlafe ich. Frühstück gibt es um 10:08, weil 18 meine Glückszahl ist.
Was denkt ein Mann wie Sie, der es mit Stimme und solider Ausbildung geschafft hat Millionenhits zu produzieren, wenn heute die "Nichtprofis" die Charts türmen?
Sie meinen Antisänger wie Zladko? Dazu habe ich meine Meinung, die ich Ihnen auch sage, aber die sollten Sie nicht drucken. Mit der heutigen Technik kann man einen Frosch zum Opernsänger machen. Sie haben Recht, ich habe eine mehrjährige Gesangs- und Schauspielausbildung u.a. bei Professor Möbius und Joseph Offenbach gemacht. Ich hätte mit Diplomen abgeschlossen, doch dann wurde ich vomErfolg überrollt. Deshalb mag ich es nicht, wenn man mich als "singenden Seemann" oder "Schlagersänger" bezeichnet. Sänger kann man sein, aber Schlager müssen die Lieder erst werden.
Gibt es Begegnungen, die Sie nie vergessen werden?
Ich flog nach London, um im Royal Adelphi Theatre das Bühnenstück "Beyond the rainbow" vor dem finanziellen Fiaso zu bewahren, als ich im Flugzeug Mutter Teresa traf. Sie hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Auf dieser Karte hat sie die Segenswünsche für mich festgehalten. In dem Stück spiele ich den katholischen Priester Don Sylvestro und konnte damit den Engländern so erfolgreich den Katholizismus nahebringen, dass mich nach der Vorstellung eine piekfeine Lady fragte: "Sind Sie wirklich ein Priester?" Eine gewisse Seelenverwandtschaft habe ich mit dem Abenteurer und engagierten Menschenrechtler Rüdiger Nehberg festgestellt. Seine Tochter Kirsten spielt übrigens heute Abend die Rolle der Gisa.
Im September werden Sie 70 Jahre alt. Ist für diesen Tag etwas Besonderes geplant? Wie sind Ihre Zukunftspläne?
Ich habe nichts geplant, aber ich fürchte, der Norddeutsche Rundfunk. Ich habe Ihnen beim letzten Mal gesagt, ich mache keine Galakonzerte mehr, aber meine Frau hat mich umgestimmt. Ja, ich habe seit 45 Jahren eine Frau*, ich durfte sie nur seinerzeit aus Imagegründen nicht heiraten. Sie sagte: "Du hast immer noch deine volle Stimme, dein Publikum will dich sehen, du hast Erfolg, also mach es." So plane ich im Herbst eine Konzerttournee mit einer stärkeren Einbeziehung des Publikums-vielleicht bin ich dann auch wieder in Lünen.
Diethelm Textoris
Erschienen in der Westfälischen Rundschau/Westdeutschen Allgemeine Zeitung Lünen am 28.03.2001
(Copyright Diethelm Textoris)
*Nachtrag 2009: Freddy Quinns Lebensgefährtin Lilli Blessmann, von der er mir damals ein Bild zeigte, starb am 16.01.2008 in Hamburg. Seitdem hat Freddy sich zurückgezogen, reist in der Welt umher und will die Villa in Hamburg verkaufen. Es ist möglich, dass seine Stimme nie wieder live erklingen wird und uns nur noch die Filme und die über 1000 Lieder auf den unzähligen Tonträgern bleiben.

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