Freitag, 16.05.1997
21:30 Uhr: Dafür, dass heute Anreisetag war, habe ich immerhin noch 45 Kilometer geschafft. Es war gar nicht so einfach, aus Karlsruhe herauszufinden, ich musste mehrmals nach dem Weg fragen. Das ist der Nachteil, wenn man keine markierte Strecke fährt, sondern sich die Route nach Straßenkarten selbst zusammenstellt. Aber ganz so schlimm war es auch nicht, weil ich mich immer in Richtung Rhein orientieren musste. Auf der Rheinbrücke herrschte starker Autoverkehr. Bis Schweigen gab es keine größeren landschaftlichen Höhepunkte. Ich übernachte im Gasthaus "Zur Traube" in Schweigen-Rettenbach. Es übernachtet hier auch eine Motorradgruppe. Alles isst Saumagen. Ich gleich auch, wenn ich die Zwiebelsuppe verspeist habe.
Samstag, 17.05.1997
13:05 Uhr: Bin in Reichshofen in der Nähe von Niederbronn-les-Bains. Wenige Meter nach der Abfahrt in Rettenbach war ich bereits in Frankreich. Weißenburg rüstete für das Pfingstfest, kleiner, Rundgang durch die Stadt, Markt, Salzhaus, Rathaus, dann wieder raus. Erste kleine Herausforderung am Col de Pigonnier (432 m), aber wegen der moderaten Steigung ging es ohne abzusteigen. Weiter nach Climbach, dann abwärts nach Lembach. Schöne Pause in Mattstall in der Dorfwirtschaft. Die Frau sprach mich sofort auf deutsch an. Der weitere Weg über die Nebenstrecke war wirklich lohnend, keine Autos, schaffbare Anstiege, Wald und Aussicht: Langensoultzbach, Nehwiller, ein kleiner See, Reichshofen.
20:00 Uhr: Bin heute nicht ganz so weit gekommen, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte, Gesamttagesleistung etwa 70 km. Weitere Streckenach der letzten Eintragung: Niederbronn, Oberbronn, Zinswiller, Ingwiller. Dort wäre ich gern im"Goldenen Löwen" geblieben, aber leider war nichts mehr frei.
Pfingstsonnstag, 18.05.1997
09:00 Uhr: Ich bin in Phalsbourg. Die Nacht habe ich auf einem Campingplatz in der Nähe der "Auberge Imsthal" verbracht, wo ich auf der Terrasse zu abend gegessen habe, Choucroute garni, was denn sonst bein ersten Tag im Elsass. Am Morgen bin ich ohne zu bezahlen vom Campingplatz weitergefahren, weil niemand zum Kassieren kam und auch keine Rezeption geöffnet war. In der Nacht hat es geregnet, ein Gewitter war in der Nähe. Das Zelt habe ich nass einpacken müssen. Schade, ich hätte zu Pfingsten mit besserem Wetter gerechnet. Jetzt sitze ich gerade in einem Café am Marktplatz und wärme mich auf.
18:30 Uhr: Bin im Augenblick in Windsbourg und habe noch ein schönes Stückchen vor mir. Seit längerer Zeit lässt sich wieder ein kleines Stück der Sonne erkennen.
23:20 Uhr: Ich liege im Bett. Wo? Kurz hinter Schirmeck im Hotel-Restaurant "La Rubanerie" in La Claquette. Vom Restaurant habe ich nichts mehr mitbekommen, weil ich erst vor einer Stunde eingetroffen bin.
Pfingstmontag, 19.05.1997
08:20 Uhr: Eigentlich war es Wahnsinn, was ich gestern gemacht habe. 91 Kilometer mit vielen Steigungen. Vom Restaurant "Zollstock" (die Patronne hatte alles im Griff, sprach erst deutsch und beim Abrechnen französisch) ging es hoch bis Dobo und zum Felsen Leon (685 m) Das war alles noch gar nichts, denn nach meiner Abfahrt von Windsbourg kam ich noch locker auf 900 m. Übrigens, um es nicht zu vergessen, an der "Auberge de Roßkopf" habe ich ein wunderbares Schinkenschnittchen gegessen. (außer einer Tafel Schokolade und einem trockenen Stück Brot das einzige Essen des Tages). Leider war das Gasthaus am Col de Donon voll belegt, da ging gar nichts mehr. Kurze Pause noch im "Villeda", im Dunkeln runter nach Schirmeck. Ich hätte jedes Zimmer genommen, egal ob in der letzten Absteige oder im Vier-Sterne-Hotel, nur am Straßenrand campieren wollte ich ungern. Auch in der Rubanerie war es kritisch. Zunächst meinte der Patron, es sei alles besetzt, doch dann fiel ihm ein, dass jemand abgesagt hatte.
14:05 Uhr: Heute ging es wieder verdammt bergauf. Erst von Schirmeck zum "Struthof", das war schon ein Hammer, dann weiter zum "Champ des Feux". Jetzt bin ich am "Col de Chabonnière".
20:20 Uhr: Heute habe ich Glück gehabt. Alles klappte optimal. Bin bis St.-Marie-aus-Mines gekommen. Das Hotel "Aux Mines d'Argent" gefällt mir gut, 220 Francs für ein tolles Zimmer. Bin über 60 Kilometer gefahren.
Dienstag, 20.05.1997
16:13 Uhr: Bin am "Pied de Hohneck". Es ist ganz schön anstrengend, aber ich bin in guter Kondition, nur der Hintern brennt ganz toll. Heute morgen ging es von ja bekanntermaßen wieder steil bergan, und zwar auf einer Strecke von 15 Kilometer bis zum Col des Bagnelles. Aber damit war der Anstieg noch lange nicht beendet. Musste ja noch den Col de Bonhomme und den Col de la Schlucht nehmen, natürlich nicht von unten, sondern auf der Route de Créte
17:30 Uhr: Habe eben eine wichtige Entscheidung getroffen. Ich bleibe hier am Pied de Hohneck. Es fing wieder an zu regnen und wurde richtig kalt. Die Zimmer kenne ich ja noch von früher, Wasser und Örtlichkeiten auf der Etage, herbergenähnlich, aber gemütlich, vor allem, wenn ich mir die Suppe draußen anschaue, da esse ich doch lieber eine heiße hier drinnen.
Mittwoch, 21.05.1997
21:20 Uhr: Es war Wahnsinn.: "Grand Ballon" und "Ballon d'Alsace" an einem Tag. Ich bin total kaputt und kann nicht mehr schreiben...
Donnerstag, 22.05.1997
20:12 Uhr: Das war gestern eine kurze Eintragung, aber dafür eine lange Fahrt. Im dicken Regen und Nebel bin ich gestern morgen am Pied de Hohnheck losgefahren, einen Ausrüstungsfehler musste ich feststellen: es fehlten dicke Handschuhe, ich hatte ganz schön kalte Finger, von den Füßen ganz zu schweigen. Ab und zu musste ich aufpassen, dass der Wind mich nicht umpustete. Nur zweimal gab es für wenige Sekunden kurze Aufhellungen. Erste Pause beim Wolf in Markstein. Der alte Patron lebt wohl nicht mehr, er sah ja schon beim letzten Mal so schlecht ein. Es lief wieder viel Familie herum, die junge Frau bediente mich.
Wieder hinaus in Nässe und Kälte. Wieder steife Finger. Noch sieben Kilometer bis zum Grand Ballon. Vom "Vue des Alpes" keine Spur. Das Hotel war nur manchmal ganz kurz zu erkennen. Bei der Abfahrt wurde es dann zusehends heller, in Bichtwiller schien sogar kurz die Sonne. Der Anstieg zum Col de Hundsrück war wieder feucht, die Anstrengung will ich gar nicht erwähnen. die Auberge am Col war, wie bisher jedesmal, geschlossen. Bei der Abfahrt weitere dicke Güsse. In Boubach fuhr ich an einer attraktiven Auberge vorbei. In Masevaux machte ich eine Pause in einer unattraktiven Kneipe. Vielleicht empfand ich es aber auch nur so unangenehm, weil die Klamotten so nass waren.
Sehr angenehmer Radweg auf einer alten Bahnstrecke bis Sewen. Bis dahin war auch das Wetter einigermaßen. Dann stieg die Straße tremolaähnlich an, pünktlich setzte auch der Regen wieder ein. Weitere Pause am Lac d'Ahlfeld. Das Speckbrot war ganz hervorragend und preiswert. Es gab noch eingelegte Gurken und Zwiebeln dazu.
So gegen viertel vor sieben fuhr ich weiter, weiter aufwärts, weiter im dichten Nebel mit Regen. Gegen 20:15 Uhr kam ich am "Grand Hotel du Sommet" an. Das Licht sah ich erst kurz vorher. Ich bekam ein Zimmer und durfte mein Fahrrad sogar mit reinnehmen. Das Essen war etwas besser als mittelprächtig, Entrecote schmeckte leicht angebrannt, die Pommes waren in Ordnung, das Gemüse auch, der Edelzwicker gut trinkbar.
Als ich heute morgen am Ballon d'Alsace losfuhr, herrschte noch das gleiche "Schönwetter" wie am Vortag mit Nebel, Kälte, Regen. Trotzdem kam mir ein Radfahrer mit Trikot und kurzen Ärmeln und kurzer Hose entgegen. Mir froren wieder fast die Finger ab. Froh war ich, als ich Giromany erreicht hatte, die 15 km Abwärtsfahrt waren auch nicht gerade aufwärmend.Der weitere Weg war dann recht angenehm, es tropfte nur ein bisschen. Thann habe ich umfahren, auch sonst schlängelte ich mich geschickt durch: Cernay, Soultz, Merxheim, Rouffach. Der letzte Ort hat mir gut gefallen, Kirche mit drei verschiedenen Türen. Sehr unangenehm war die Ausfahrt aus Colmar, weil ein Wahnsinnfeierabendstadtautoverkehr herrschte. Übernachtung in Kaysersberg bein Träger des gelben Trikots Roger Hassenforder. Zu großes und zu teures Zimmer.
Freitag, 23.05.1997
20:12 Uhr: Will zunächst meine gestrige Tagesleistung von 110 km erwähnen. Klar, dass ich beim Hassenforder wie ein nasser Sack müde ins Bett fiel. Heute war es viel gemütlicher, weil ich mich weitgehend am Rand der Vogesen entlangschlich. Auch das Wetter hatte ich ein wenig gebessert. Übernachte ich im Hotel "Relais du Klevener" in Heiligenstein. Großes Haus. Klevener ist übrigens ein Wein, der nur hier in der Gegend von Heiligenstein wächst, er schmeckt ausgezeichnet. Morgen geht es zurück nach Hause. Wenn ich es schaffe*, lege ich noch eine Kür zum Kloster St. Odile ein.
Tagebuchaufzeichnungen, überarbeitet
*ich habe es geschafft, war gar nicht so schlimm
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