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Naturpark Hohe Mark  
Baum im Venn
Baum im Meerfelder Bruch

Karnevalswanderung im südlichen Münsterland

Warum nicht ´mal vor der Haustür loswandern? Gut, meine Mitwanderer Kurt Stock und Peter Zimmer waren schon ein paar Kilometer mit der Bahn bis zu mir angereist, aber mein Vorschlag, die diesjährige traditionelle Karnevalswanderung am Stadtrand von Dortmund zu beginnen, hatte ihre sofortige Zustimmung gefunden. Schön, wenn man vorurteilsfreie Kollegen hat, die bereit sind, sich überraschen zu lassen.

Schon nach 20 Minuten haben wir ein Waldgebiet erreicht, Ende des Asphalts und fußfreundlicher Untergrund. Nach weiteren 45 Minuten sehen wir von Weitem das Schild der Waldgaststätte: „Zur Lohburg“. Weniger erfreut reagieren wir allerdings auf den Aushang: „Heute Ruhetag“.  Zum Glück finden wir kurz darauf eine Bank mit einem Tisch an einem Modellflugplatz. Gerettet. Peter packt Christels Spezialfrikadellen und die Tube „Löwensenf extra scharf“ aus. Kurt hat eine besondere Überraschung bereit, eine Flasche Kartoffelschnaps aus Rotenburg an der Wümme. Dieses Geschenk der Wanderfreunde Erika und Karl hatte er lange in Ehren gehalten und es sollte nun auf unserer viertägigen Wanderung, nach und nach,  langsam und mit Genuss, verzehrt werden. Wohlgemerkt, sollte, denn als er das erste Glas eingegossen hat, wirft er die Flasche um, sie zerbricht, und zurück bleibt nur noch ein winziger Schluck. Peter ist vor Schreck gelähmt und sprachlos, Kurt macht sich selbst bitte Vorwürfe, wohl auch wissend, dass ihm dieses Missgeschick nicht nur in den nächsten Tagen, sondern wohl noch jahrelang vorgehalten wird.

Schnaps am Flugplatz LohburgSchnapsflasche Kaputt

Am frühen Nachmittag erreichen wir den Schleusenpark Henrichenburg, Bestandteil des Westfälischen Industriemuseums und ein industrielles Kulturgut ersten Ranges. Die ehemalige Schleuse ist heute begehbar, das alte Hebewerk, das in meiner Kindheit noch in Betrieb war, wurde liebevoll restauriert, besonders die Türme mit den aufgesetzten Kugeln geben ein anschauliches Bild der wilhelminischen Industriearchitektur wieder. Wer Lust hat, kann die 132 Stufen der Wendeltreppe des Turmes bezwingen und dann die ganze Anlage von oben bewundern, einen Blick bis weit nach Castrop werfen oder den Schiffsverkehr des nahen Rhein-Herne-Kanals beobachten, an den das Hebewerk früher angebunden war. Wir haben eher die Lust, das Café Kortmann an der alten Schleuse aufzusuchen. Peter macht allerdings den Fehler, hier ein Glas Rotwein zu bestellen, seinem verzogenen Gesicht nach zu urteilen muss es ein außergewöhnliches Tröpfchen sein.  Mit Kurts Hefeweizen wäre er sicherlich besser bedient gewesen. Ich war mit meinem riesigen, ganz dick mit Stachelbeeren belegten Stück Torte auch mehr als zufrieden.

Leinpfad am Schiffhebewerk       

Auf dem Weg nach Horneburg müssen wir ein Stück auf dem Leinpfad des Rhein-Herne-Kanals wandern, dann gibt es eine nicht so angenehme Asphaltstrecke, bis wir das Dorf Horneburg mit seinem westfälischen Wasserschloss erreichen. Die Gaststätte „Haus Behrends“ ist schon für die bald beginnende Weiberfastnachtsfeier geschmückt, die Wirtin auch. Besonders das kurze Röckchen ist beeindruckend. Peter macht in diesem Haus den zweiten Fehler des Tages, weil er hier nämlich keinen Wein bestellt, während Kurt ein gutes Glas trockenen Weißwein genießt. Wegen der nahenden Dunkelheit nehmen Kurt und Peter ein Taxi bis zum Hotel, während ich im Schein der Stirnlampe auf einem gut erkennbaren, aber leider stark befestigten Wanderweg noch fast zwei Stunden in den nahen Abend hinein marschiere. Die holländische Eigentümerin begrüßt mich um 19:00 Uhr, meine Wanderkollegen haben schon ein Schläfchen hinter sich und sitzen  im Restaurant. Der Heringsstipp auf westfälische Art schmeckt mir ausgezeichnet. Das Hotel „Stimbergpark“ ist groß,  aber leer. Von den 150 Betten sind nur drei belegt, mit uns. Trotzdem bekommen wir am Morgen ein Frühstücksbuffet geboten, das sich sehen lassen kann.
 
Der weitere Wanderweg beginnt sofort am Hotel, wir befinden uns am Rand der Haard, am Naturpark „Hohe Mark“. Wir wandern mehr als zwei Stunden durch ein geschlossenes Wald- und Heidegebiet auf weitgehend sandigem Untergrund. Vom Charakter erinnert es mit seinen niedrigen, sanften Anhöhen ein wenig an die Lüneburger Heide. Erst gegen Mittag treffen wir die ersten Menschen. Im „Jägerhof zum Stift Flaesheim“ werden uns weitere westfälische Spezialitäten geboten: Omas Steckrübensuppe und Kartoffelsüppchen mit Sahne.  Am Halterner Stausee müssen wir umdisponieren. Das vorgesehene Hotel für die Übernachtung in Sythen führt eine Tagung der Bundeswehr durch, die Zimmer sind belegt.  Doch wir fahren nicht schlecht mit der Alternative. Der Weg in die Innenstadt von Haltern führt an der Stever entlang durch ein uriges Flusstal, von dessen Ursprünglichkeit besonders Peter begeistert ist. Und mit dem Gasthaus „Kupferkanne“ mit dem Hotel „Sondermann“ direkt in der Fußgängerzone und trotzdem am Wanderweg gelegen sind wir bestens bedient. Die Wirtin lädt uns gleich zu einem Begrüßungstrunk ein: „Ich bin viele Jahre in der Gastronomie tätig und habe einen Blick für gute und sympathische Gäste.“  Auch das Essen ist in Ordnung, diesmal gibt es Balkanspezialitäten, Aperitiv und Degistiv wiederum auf Kosten des Hauses. 

SteverstrandPeter und Kurt in Haltern

Als wir am Morgen aus dem Fenster blicken, hat es gefroren, ein Zeichen für gutes Wetter. Schon bald kommt die Sonne durch und sie lässt an diesem ganzen Tag keine einzige Wolke zu. Nach Unterquerung der Autobahn sind wir wieder im Wald, von der Wegführung sind wir begeistert. Der Waldweg hält auch nach Lochtrup noch an, aber leider müssen wir jetzt über mehrere Kilometer an einem abgezäunten Militärgelände entlang gehen, ab und zu haben wir einen Blick auf versteckte Waffendepots. Eine großflächige Wacholderheide bietet eine willkommene Abwechslung, erst kurz vor Maria Veen lädt uns die erste Bank des Nachmittags zu einer Glühweinpause ein. Peter hat einen Esbitkocher, einen Topf und selbst zusammengestelltes Glühweingewürz mitgebracht, Kurt spendiert einen Spitzenwein aus einer absolute Großlage, nämlich einen Verschnitt aus mehreren Ländern der EU, umweltfreundlich in einer Tüte verpackt, die ich gleich zu einem Trinkgefäß recycle.  Auch solche Freuden am Rande eines Wanderweges vergisst man nicht.

Vor Kupferkanne HalternGehöft im Münsterland

Das Hotel Lütkebohmert in Maria Veen hat Betriebsferien, man nimmt uns aber trotzdem auf, da am folgenden Tag sowieso eine größere Geburtstagfeier ansteht. Nur essen müssen wir außerhalb im Gasthaus Venns, das etwa 300 m entfernt liegt. Schade, dass Peter und ich neben den Wanderschuhen nur Hausschuhe mithaben. Aber irgendwie kriegen wir trotz Frost die Entfernung überbrückt. Nachts ist es etwas kalt, weil das Hotel wegen der Betriebsferien die Heizungen gedrosselt hat. Für den nächsten Tag sind Schauern angesagt, das Gegenteil trifft ein. Das beste Wetter erfreut uns. Wir gehen durch Feuchtgebieten, sammeln in diesem „Venn“ genannten ehemaligen Moorgebiet wieder ganz andere Eindrücke. An diesem Tage haben wir mehrere Einkehrmöglichkeiten, im Gasthaus in Merfeld steht ein Pächterwechsel an,  so dass wir theoretisch Geschirr und Einrichtungsgegenstände kaufen könnten, sofern sie in den Rucksack passten und wir Verwendung dafür hätten. Doch das ist nicht der Fall.

Hotel Lütgebohmert in Maria VeenVenn bei Meerfeld

Das Schloss Merfeld wird im weiten Bogen umgangen, so dass wir kaum einen Blick darauf werfen können. Kurz vor 17:00 Uhr erreichen wir Lette, einen Vorort von Coesfeld. Leider bleibt uns nicht mehr die Zeit, das dortige Eisenbahnmuseum zu besuchen. Ich verabschiede mich von meinen beiden Wanderkollegen, die noch einen Tag weiter marschieren können, während mich die Pflicht nach Hause ruft. Wir hatten ein paar schöne gemeinsame Wandertage und sind um die Erkenntnis reicher, dass es nicht immer die spektakulären Touren sein müssen, die das Wandervergnügen ausmachen.   

Venn bei MerfeldBahnhof Lette

Erschienen in der Zeitschrift "Der Weit- und Fernwanderer" Nr 77 I/2005

Informationen zur Wanderstrecke:
Anreise mit der Deutsche Bahn bis zum Bahnhof Dortmund-Mengede.
Ohne Markierung durch die Mengeder Heide und den Ickerner Wald zum Gasthaus und Modellflugplatz Lohburg. Weiter mit Balkenmarkierung über Becklem nach Horneburg, mit der Hauptwanderstrecke X10 zum Küsberg, danach X4 zum Hotel Stimbergpark, oder auf X 10 bleiben bis zur Kreuzung mit dem X1 in der Nähe des Halterner Stausees, X1 bis Haltern Innenstadt, X6 bis Maria Veen, X3 bis Meerfeld, örtlicher Wanderweg bis Bahnhof Lette.

Übernachtungensmöglichkeiten:
Hotel Stimbergpark, Oer-Erkenschwick  (02368) 9840
Hotel  Jägerhof, Haltern-Flaesheim (02364) 2327
Restaurant Kupferkanne-Hotel Sondermann, Haltern (02364) 2259
Hotel Lütkebohmert. Reken-Maria-Veen (02864) 1232